AGIV den 23.05.2019
Von Neele H. + Crew
Tag 12 ANGRIFF DER TINTENFISCHE
Ich habe die zwei spektakulärsten Nächte dieser Reise hinter mir. Beide auf die unterschiedlichste Art und Weise.
Vorletzte Nacht war der Wind leider noch etwas eingeschlafen, sodass wir die Nacht Motoren mussten. In meiner Wache hatten wir eine fast glatte Wasseroberfläche, keine einzige Wolke am Himmel und der Mond war noch nicht aufgegangen. Es wurde beschlossen in den „Dark Mode“ zu gehen. Jörgs Waschlappen wurde gesucht und vor die Lampen der Motorzündung getaped, die B&Gs und alle Lampen ausgeschaltet und das Logbuch vor das viel zu helle GPS gelehnt. So wurde mit einem einzigen kleinen Kompasslicht die Fahrt fortgesetzt und es bot sich einer der atemberaubendsten Sternenhimmel die ich je in meinem Leben gesehen habe.
Es ist der Wahnsinn wieviel uns durch Lichtverschmutzung entgeht. Während man sich oben am Himmel kaum satt sehen kann und auch die ein oder andere Sternschnuppe erblickt, spielt sich auf dem Wasser noch ein ganz anderes Spektakel durch das Meeresleuchten ab. Jedes Mal wenn sich die AGIV durch eine der wenigen Wellen schiebt, zieht das Schiff einen leuchtenden Schweif hinter sich durch das Wasser und selbst wenn man unten in der Pantry Wasser in die Spüle pumpt fängt dieses an zu Leuchten. Zum Ende meiner Nachtwache wurde noch die Krönung mit dem aufgehenden Mond draufgesetzt. Tiefrot glühend schiebt er sich langsam über den Horizont und taucht das Wasser in ein leicht schimmerndes Licht, wird langsam immer heller und lässt mehr als die Hälfte der Sterne verschwinden. Pünktlich zum ebenfalls fast wolkenlosen Sonnenaufgang ließ sich morgens die G1 setzen und so konnte in den Sonnenaufgang hinein gesegelt werden und seitdem hat uns der Wind noch nicht verlassen.
In der letzten Nacht sind wir so inzwischen beim 2. Reff und der G3 angekommen und rauschen nur so dahin. Endlich richtig Segeln. Der Backbordbug macht das Kochen zwar deutlich angenehmer als der andere Bug, aber aufgrund der starken Krängung wurde die geplante Pizza verschoben. Stattdessen dachten wir uns, dass wir lange keine Paprika mehr gegessen haben. Praktischerweise gab es ja noch eine Runde Katadyn mit gefriergetrockneter Paprika und Pasta. Einige der Crewmitglieder haben noch nie Katadyn probiert. Die Sternebewertungen hielten sich eher gering und Rolf brach das erste Mal seine Regel „Es wird gegessen was in die Schüssel kommt“. Heute gibt es daher wieder selbstgemachte Pfannekuchen mit Käse und Schinken.
Nun aber zum Angriff der Tintenfische.
Noch während ich mich für meine Nachtwache fertig machte startete der erste Angriff auf Sebi. Das erste Exemplar schoss nur wenige Zentimeter neben seinem Ohr vorbei und landete in Lee auf der Cockpitbank. Selbst Moritz am Steuer erschrak kurz. Wagemutig verfolgte Sebi den Angreifer mit den riesigen kampflustigen Augen und versuchte ihn zu packen, um ihn wieder von Bord zu befördern. Der Tintenfisch setzte sich jedoch zur Wehr und versuchte den Halt an der Cockpitbank nicht zu verlieren. Als geübter Kämpfer gegen fliegende Fische war Sebi aber auch dieser Herausforderung gewachsen und gewann den Zweikampf. Die anschließend folgenden immer größer werdenden fliegenden Fische waren so keine Schwierigkeit mehr und so warteten die Tintenfische bis zum Ende seiner Wache ab, um erneut und mit höheren Zahlen anzugreifen.
Jörg dachte kurzzeitig wortwörtlich einen in der Tasche zu haben und Christian musste zu härteren Mitteln mit einer Pütz voll Wasser greifen. Auch am Versuch sich unauffällig in die Crew einzugliedern scheiterte der letzte Tintenfisch meiner Wache, als ich ihn neben dem dösenden Jonas liegend entdeckte. Falls demnächst Schwertfische im Deckshaus stecken sind wir vorbereitet.
Die Stimmung an Bord ist nach wie vor ausgelassen. Mit einer Welle die ich mir vor der Reise eher als Atlantikwelle vorgestellt hätte, um die 25kn Wind, 2.Reff und der G4 geht es ordentlich ab, wenn man die Welle richtig erwischt. Jörg muss ich noch überzeugen dabei „Huii“ zu rufen.
Liebe Grüße von Bord