Die Ruhe vor dem Sturm

Die kanarische Morgensonne scheint durch den Niedergang der Aquis Granus wohlig auf meinen Nacken. Ich sitze in der Navi und spleiße ein Stück Leine. Noch zwei weitere ASVer sind an Bord, um am Schiff zu arbeiten. Es ist ganz ruhig. Alle arbeiten an ihren Baustellen. Man hört nur die Geräusche der Arbeiten: das leise Knartschen, wenn das Spleißmesser die Fasern schneidet, das helle Klackern vom Lösen verschiedener Schrauben. Dazu kommen die Geräusche der Aquis Granus; gluckerndes Hafenwasser am Rumpf und hin und wieder ein leichtes Knartzen. Pure Seglermeditation.

Wir genießen diesen entspannten Moment, bevor in den nächsten Tagen die weitere Crew anreist und das Schiff wieder lauter und lebendiger wird. Vor sechs Tagen haben wir die AG4 nach einer einwöchigen Überholung an Land wieder ins Wasser gelassen. Seitdem hat sich hier ein kleiner Alltag eingeschlichen, bestehend aus Arbeiten, Essen, Ausflügen zum Bootsshop und dem ARC-Sundowner. Dieser ist neben dem Abhaken von ToDos aus unserer Liste ganz klar ein Tageshighlight. Jeden Abend von 18:30 – 20:00 Uhr treffen sich die bereits angereisten ARC-Teilnehmer zu gesponserte Leckereien und Drinks im Jollenpark des kanarischen Seglerzentrums. Wäre das Ganze ein Pausenhof voll mit vielen kleinen Seglergrüppchen –  wir wären altersmäßig wohl die Erstklässler. Doch zum Glück macht es den Coolen aus der Oberstufe nichts aus, sich trotzdem mit uns zu unterhalten. Ebenfalls alltäglich sind hier die Tramper, die versuchen einen Platz auf einem der Boote zu bekommen. Mehrmals am Tag werden wir angesprochen, ob wir nicht eine Koje frei hätten und das schwarze Brett am Hafen ist vollgepflastert mit Anzeigen. Oft sind die Leute so freundlich und interessant, dass man sie gerne mit aufs Boot nehmen würde. Trotzdem können wir uns kaum vorstellen, dass viele Segler einen völlig Fremden auf eine so lange Strecke mitnehmen. Wir sind gespannt, wie viele der Hitchhiker wir in der Karibik wiedertreffen werden.

„KACKE!“ tönt es aus der Pantry, wo gerade Elektroarbeiten gemacht werden. So viel zur Meditation. Bis zum Start am 25.11. ist eben doch vor allem Arbeit hier. Doch im Vergleich zu den Winterarbeiten in Harlingen, Arbeit in kurzer Hose.

2018-11-25T01:15:33+02:00
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